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Der Funktions­zyklus feiert 40. Geburts­tag!

Der Funktionszyklus systematischer Personalentwicklung feiert 40. Geburtstag. Zunächst in Buchbeiträgen und dann in der ersten Auflage des Buches „Aufgaben und Organisation der betrieblichen Weiterbildung“ haben Herbert Hölterhoff und ich den Funktionszyklus systematischer Personalentwicklung der Fachöffentlichkeit der PE vorgestellt. Die Erarbeitung dieses Buches wurde vor 40 Jahren, also in den Jahren 1982 und 1983 geleistet.

Der Funktionszyklus feiert also den 40. Geburtstag!

Inzwischen findet man eine Vielzahl von Bildern, Abbildungen, Beschreibungen und Übernahmen des Funktionszyklus im Internet, in PE-Büchern, in der Beratungspraxis und in Konzepten der PE vieler Unternehmen und Behörden. Man kann sagen, der Funktionszyklus hat sich  als leistungsstarkes Instrument systematischer Personalentwicklung etabliert.[1]

Aus Anlass des 40. Geburtstages des Funktionszyklus soll nachgefragt werden, was dieses PE-Instrument auszeichnet, welcher Nutzen aus der Anwendung der sechs Phasen des Funktionszyklus für eine systematische PE-Arbeit zu gewinnen ist.

Der Funktionszyklus beschreibt in sechs Phasen Planung, Gestaltung und Evaluierung von PE-Maßnahmen:

Bedarfsanalyse, Ziele setzen, Kreatives Gestalten, Realisieren, Erfolg kontrollieren und Transfer sichern, heißen die sechs Phasen des Funktionszyklus. Werden PE-Maßnahmen mit diesem Algorithmus gestaltet, dann wird Zufall durch System ersetzt. Systematisches Vorgehen schützt vor unsinnigen, unnötigen, kostenintensiven und ergebnisarmen PE-Maßnahmen.

Dilettanten der PE wählen den Zufall, Experten der PE wählen den Funktionszyklus!

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1.   Bedarfsgerechte PE-Arbeit

Der Funktionszyklus folgt mit der systematischen Bedarfsanalyse dem militärischen Grundsatz, „kein Einsatz ohne Erkundung!“ Bedarfsgerechte PE erkundet, welche Befähigung die Beschäftigten haben müssen um ihre Aufgaben anforderungsgerecht erfüllen zu können. Mit der Bedarfserhebung wird auch geklärt, welchen persönlichen Entwicklungsbedarf die Beschäftigten haben. Adressatenanalyse, Ursachenanalyse und Anforderungsanalyse geben präzise Auskunft über die aktuellen Erfordernisse der PE. „Nice but not necessary“ wird durch die Bedarfsanalyse vermieden! Die Bedarfsanalyse erfolgt im Arbeitsfeld vor Ort. Hauptverantwortlich für die Bedarfsanalyse sind die Führungskräfte. Die Phasen Ziele setzen, Kreatives Gestalten, Durchführen und Erfolgskontrolle erfolgen im Lernfeld, hauptverantwortlich sind die PE-Verantwortlichen. Die Transfersicherung schließt den Funktionszyklus dann wieder im Arbeitsfeld ab.

2.   Zielorientierte PE-Arbeit

Ziele setzen klärt als zweite Phase im Funktionszyklus die Reichweite der PE-Maßnahmen. Quantität und Qualität der mit PE zu erreichenden Veränderung in Wissen, Können und Verhalten werden bestimmt. „Was soll jemand konkret können?“ „Welches Verhalten soll er im Vollzug der ‚Arbeit zeigen?“ Das sind die zentralen Fragen der zweiten Phase im Funktionszyklus.

Ein Ziel beschreibt konkret, in operationalisierter Form, die mit einer PE-Maßnahme erwartete, Verhaltensänderung, den Lernertrag, der am Ende der PE-Maßnahme erreicht sein soll. Wer das Ziel nicht kennt, wer die Reichweite der PE nicht festlegt, darf sich nicht wundern, wenn die Menschen in PE-Veranstaltungen nichts, wenig oder das Falsche lernen. Das Ziel kommt bei der systematischen Absicherung der PE zweimal vor. Einmal bei der Planung und ein weiteres Mal bei der Evaluierung des Erreichten. In Publikationen  zum Funktionszyklus wird die Phase der Zielsetzung häufig ausgeklammert, weggelassen. Das hat wohl damit zu tun, dass Ziele und Maßnahmen vielfach gleichgesetzt werden. PE-Ziele und PE-Maßnahmen bedingen einander, dürfen aber nicht gleichgesetzt werden. Das wäre ein grober Fehler. Wenn man die logische Kette des Funktionszyklus beachtet, dann dienen PE-Maßnahmen der Erreichung der PE-Ziele. Werden die Ziele nicht bestimmt, dann kann auch nicht festgestellt werden, was an Lernfortschritt erreicht wurde.

3.   Kreatives Gestalten der PE-Arbeit

Kreatives Gestalten umfasst alle Maßnahmen der finanziellen, personellen, organisatorischen, zeitlichen und örtlichen Planung der PE. Diese Phase des Funktionszyklus ist sehr populär. Vielfach dominiert das Kreative Gestalten die Planungsaktivitäten. Alle anderen Phasen des Funktionszyklus bleiben unbeachtet. „Man“ denkt sich eine PE-Maßnahme aus, findet Anregungen anderer gut und schon geht es los. Geld ist im Budget vorhanden oder wird irgendwie beschafft und dann wird um Teilnehmer geworben. Auch viele Teilnehmende an PE-Maßnahmen sind von der Aussicht motiviert, gelegentlich in einem Seminar auszuspannen, vielleicht noch in eine interessante Stadt reisen zu können. Wenn die Teilnahme ohne Konsequenzen bleibt, kann man auch mal einen Nachmittag im Seminar schwänzen, Einkäufe tätigen oder ein Museum besuchen.

Kreatives Gestalten muss eingebunden sein in den Funktionszyklus. Der Ort, die Dauer, der Trainer, die Teilnehmer sind so zu wählen, dass die Maßnahmen optimal unterstützt, die Ziele mit großer Wahrscheinlichkeit erreicht und die Probleme am Arbeitsplatz nach einer PE-Maßnahme gelöst sind. Kreatives Gestalten ohne Bindung an die anderen Phasen des Funktionszyklus ist dilettantische PE-Arbeit ohne System.

4.   Planmäßige und situationsgerechte Durchführung der PE-Maßnahmen

Bekanntlich gibt es nichts Gutes, es sei denn, man tut es! Die Durchführung der PE-Maßnahmen erfolgt planmäßig und situationsgerecht. Planmäßig heißt, es werden die Inhalte vermittelt, die der Zielerreichung dienen. Planmäßig heißt aber auch, im Prozess der Durchführung situative Gegebenheiten zu beachten und das Lehr-Lerngeschehen danach auszurichten. Fragen sind zu beantworten, Befindlichkeiten, Verständnisprobleme sind zu besprechen, das Lehr- und Lerntempo sind aneinander anzupassen. PE-Maßnahmen sind für Ereignisse „ex operandum“ offenzuhalten. Es können sich der Lernort, der geplante Zeitansatz, die gewählte Methode als nicht optimal erweisen. Es kann an der erforderlichen Technik fehlen oder ganz simpel, der Raum ist nicht geheizt oder im Sommer zu heiß. Dann muss man umziehen, damit die Konzentration auf die halte der PE-Maßnahme erhalten bleibt.

5.   Pädagogische und betriebswirtschaftliche Erfolgskontrolle der PE-Arbeit

Die Erfolgskontrolle schließt PE-Maßnahmen im Lernfeld mit der Überprüfung der Lernerfolge ab. Die Erfolgskontrolle bezieht sich auf die Ziele, die in der zweiten Phase operational gesetzt wurden. Was nicht geplant wurde, kann nicht evaluiert werden. Die Erfolgskontrolle schließt die PE-Arbeit im Lernfeld ab. Die Erfolgsmessung einer PE-Maßnahme ist in die betriebswirtschaftliche und die pädagogische Erfolgskontrolle unterteilt.

Die pädagogische Erfolgskontrolle prüft, ob der beabsichtigte Lernerfolg erreicht wurde, ob die Inhalte richtig gewählt und die Lehr- und Lernmethoden wirksam waren. Die pädagogische Erfolgskontrolle überprüft die Effektivität der PE-Maßnahmen.

Die betriebswirtschaftliche Erfolgskontrolle fragt nach der Kosten-Nutzen-Relation der durchgeführten PE-Maßnahmen. Es ist festzustellen, ob die PE-Ziele mit weniger Inhalt (didaktische Auswahl), anderen Methoden (Methodenwahl), mit einem anderen Trainer oder einer anderen Zusammensetzung der Teilnehmenden, einem anderen Zeitansatz hätten erreicht werden können. Die betriebswirtschaftliche Erfolgskontrolle fragt nach der wirtschaftlichen Ergiebigkeit der PE, der Effizienz.

Die Ergebnisse der Erfolgskontrolle sind Grundlage für eine evtl. Anpassung der pädagogischen und der betriebswirtschaftlichen Gestaltung der PE.

6.   Transfersicherung zur erfolgreichen Anwendung der PE-Arbeit

Alle PE-Maßnahmen zielen auf die Beseitigung von Mängeln im Wollen (Motivation), dem Können (Qualifikation) und dem Dürfen (Ordination). PE-Maßnahmen sind erst dann erfolgreich abgeschlossen, wenn Probleme am Arbeitsplatz, die PE-Aktivitäten ausgelöst haben, nach dem Abschluss der PE-Maßnahmen nicht mehr bestehen. Die Transfersicherung stellt sicher, dass das Gelernte am Arbeitsplatz angewendet wird. Verantwortlich für die Transfersicherung im Arbeitsfeld sind die Führungskräfte, die Teilnehmenden an der PE-Maßnahme und die Kollegen.

Transfersichernde Maßnahmen sind Rückkehrgespräche, Erprobung des Gelernten am Arbeitsplatz, der Dialog mit den Kollegen und eine Selbstreflexion der von einer PE-Maßnahme zurückgekehrten Teammitglieder. Mit der Transfersicherung wird festgestellt, ob  die Beschäftigten ausreichend motiviert, qualifiziert und ordiniert sind, um ihre Arbeit anforderungsgerecht zu erledigen. Ist das nicht der Fall, dann beginnt die PE-Arbeit erneut mit der Bedarfsanalyse.

Bei den vielen Übernahmen des Funktionszyklus durch die PE-Praxis fehlt die Phase der Transfersicherung oder die Phasen Erfolgskontrolle und Transfersicherung werden in eine Phase gepackt. Weil es einen Unterschied macht, ob jemand etwas weiß oder ob er es anwenden kann, sind die Phasen Erfolgskontrolle und Transfersicherung zu trennen. Erst der Transfer des Gelernten in die Arbeit am Arbeitsplatz zeigt den konkreten Erfolg der PE-Maßnahmen. Eine PE-Maßnahme ist erst erfolgreich abgeschlossen, wenn die Probleme am Arbeitsplatz durch passende PE-Maßnahmen nachhaltig gelöst sind.

7.   System statt Dilettantismus

Der Funktionszyklus systematischer PE ist ein integrales Planungs-, Realisierungs- und Evaluierungsinstrument, dessen sechs Phasen miteinander verbunden sind, voneinander abhängen und sich gegenseitig verstärken. Wird eine Phase ausgelassen oder nicht systematisch gestaltet, dann fehlt ein Glied in der Kette systematischer PE. Ohne den Funktionszyklus sind die Resultate der PE vom Zufall bestimmt. Der Funktionszyklus ist als Instrument der Planung, Gestaltung und Evaluierung nicht auf die PE beschränkt. Die Phasen des Funktionszyklus sind für alle unternehmerischen und personalwirtschaftlichen Planungsaufgaben gleichermaßen einsetzbar.

Dem Funktionszyklus wünsche ich eine weitere gute Verbreitung bei Führungskräften und PE-Verantwortlichen. Allen, die den Funktionszyklus nutzen, wünsche ich viel Erfolg für ihre systematische PE-Arbeit.

8.    Literatur zum Funktionszyklus

Becker, Manfred, Hölterhoff, Herbert: Aufgaben und Organisation der betrieblichen Weiterbildung. München 1986

Becker, Manfred: Aufgaben und Organisation der betrieblichen Weiterbildung. 2. Auflage München 1999.

Becker Manfred: Systematische Personalentwicklung. Planung, Steuerung und Kontrolle im Funktionszyklus. 1. Auflage Stuttgart 2005.

Becker, Manfred: Systematische Personalentwicklung. Systematische Personalentwicklung. Planung, Steuerung und Kontrolle im Funktionszyklus. 2. Auflage Stuttgart 2011.

Becker, Manfred: Personalentwicklung. Bildung, Förderung und Organisationsentwicklung in Theorie und Praxis. 6. Auflage Stuttgart 2013.

Sara Rögner: Personalentwicklung: Mitarbeiter erfolgreich voranbringen. Personalentwicklung | Definition, Ziele & Strategien (perwiss.de) eingesehen am 16.11.2022.

[1] Leider wird der Funktionszyklus oft als „freies Gut“ ohne Quellenangabe übernommen. Ein Beispiel von vielen Übernahmen ohne Herkunftsangabe findet der Leser unter: Personal Entwicklungszyklus in 6 Schritten (personalwissen.de) Dass die Aneignung absichtlich erfolgt, erkennt man an der etwas hilflosen Umbenennung in „Personal Entwicklungszyklus“.

 

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